Kulturgut

Geschichte & Tradition

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Die Griechen & der Wein

Die europäische Weinkultur gab es bereits vor den Römern: Im alten Griechenland wurde der Wein von Dichtern, Geschichtsschreibern und Künstlern gepriesen; auch in den Werken von Äsop und Homer taucht er immer wieder auf. In Griechenland jedoch galt der Wein als Privileg der Oberschicht. Dionysos, der griechische Gott des Weins, stellte nicht nur die berauschende Macht des Weins dar, sondern auch dessen soziale und gesundheitlich positiven Einflüsse. Er wurde als Förderer der Zivilisation, als Gesetzgeber, als Friedensliebhaber sowie auch als Patron der Bauern und Theaterspieler verehrt. Dem alten griechischen Geschichtsschreiber Thukidides zufolge war es in der Tat so, dass sich „die Völker des Mittelmeerraumes […] aus der Barbarei zu einem zivilisierten Volk entwickelten, als sie lernten, Oliven und Wein anzubauen“.

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Die Römer & der Wein

Der Wein hat sich seit alters her als Teil des Lebens, der Kultur und der Ernährung in Europa entwickelt. Die Erzeugung von Wein hat in Europa mit der Ausdehnung des Römischen Reichs über den gesamten Mittelmeerraum hinweg Einzug gehalten, als zahlreiche bedeutende und heute immer noch existierende Weinbaugebiete aufgebaut wurden. Bereits zu dieser Zeit war die Herstellung von Wein ein präzises Handwerk, bei dem die Entwicklung unterschiedlicher Traubensorten und Anbautechniken gefördert wurde. Es tauchten Fässer zur Lagerung und Verschiffung auf, es wurden erstmals Flaschen verwendet, und es entwickelte sich sogar ein rudimentäres Bezeichnungssystem, als sich bestimmte Regionen mit edlem Wein einen Namen machten.

Mit der ständig verbesserten Weinerzeugung stieg auch die Beliebtheit des Getränks, und Weintavernen eroberten sich einen festen Platz im Stadtbild des gesamten Römischen Reichs.

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Im Laufe der Jahrhunderte breitete sich die Kunst der Weinbereitung auf Frankreich, Spanien, Deutschland und Teile Britanniens aus. Damals gehörte Wein zum wichtigen Bestandteil der täglichen Ernährung, und die Menschen fingen an, gehaltvollere Weine zu bevorzugen. Die europäische Wertschätzung des Weins überlebte das finstere Mittelalter. Unter anderem aufgrund der Tatsache, dass Trinkwasser nicht immer hygienisch unbedenklich war, setzte sich der Wein als bevorzugte Alternative zur Begleitung von Speisen durch. Gleichzeitig entwickelten sich Traubenanbau und Weinbereitung dank der wirtschaftlichen Aktivität kirchlicher Klöster auf dem gesamten Kontinent, und es entstanden einige der edelsten Weinberge Europas. Die Benediktinermönche beispielsweise wurden zu einem der größten europäischen Weinerzeuger mit Weinbergen in den französischen Regionen Champagne, Burgund und Bordeaux sowie im deutschen Rheingau und Franken. Händler und Adel nahmen Wein zu jeder Mahlzeit ein und verfügten über gut gefüllte Keller.

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Die Kunst der Weinbereitung

Während des 16. Jahrhunderts wurde Wein dann als kultiviertere Alternative zum Bier geschätzt. Mit der Zeit wurden die Weinerzeugnisse vielfältiger. Man begann, eingehender als in den vergangenen Jahrhunderten, über die Tugenden und Untugenden des Weins zu diskutieren. Der im Elisabethanischen England gefeierte Dichter Shakespeare war der Ansicht: „Guter Wein ist ein gutes, geselliges Ding, wenn man mit ihm umzugehen weiß“, und kommentierte damit implizit den missbräuchlichen Weinkonsum seiner Zeit. Die Ära Shakespeare erlebte dann – als in London frisches Trinkwasser verfügbar wurde – einen Durchbruch, der für die Weinwirtschaft ein neues Zeitalter einläutete.

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Das goldene Zeitalter des Weines

Verbesserte Produktionstechniken im 17. und 18. Jahrhundert führten zum Erscheinen von Weinen feinerer Qualität. Man begann, Glasflaschen mit Korken zu verwenden und erfand den Korkenzieher. In dieser Zeit setzte sich der französische Wein von seinen Konkurrenten ab – insbesondere den roten Bordeauxweinen galt die Anerkennung der Händler aus den Benelux-Ländern, Deutschland, Irland und Skandinavien. Bordeaux tauschte Wein gegen Kaffee und sonstige begehrte Güter aus der Neuen Welt und trug so dazu bei, die Rolle des Weins im aufstrebenden Welthandel zu festigen. Obwohl das 19. Jahrhundert für viele Regionen als goldenes Zeitalter gilt, verlief es nicht ohne Tragödie. Um das Jahr 1863 waren zahlreiche französische Weinberge von einer Krankheit befallen, die von der Reblaus Phylloxera hervorgerufen wurde, die den Saft über die Wurzeln aussaugte. Als man herausfand, dass die Reben in Amerika resistent gegen Phylloxera waren, wurde beschlossen, in den betroffenen französischen Gebieten amerikanische Rebstöcke anzubauen. Daraus entstanden Pfropfreben, die eine größere Vielfalt an Weinen hervorbrachten. Ebenfalls zu dieser Zeit zogen französische Weinerzeuger in die im nördlichen Spanien gelegene Rioja-Region und brachten den Spaniern bei, aus lokalen Trauben Wein zu erzeugen.

Im Jahr 1874 trat die Reblaus das erste Mal auch in Deutschland auf. Durch den Pfropfrebenanbau wurde es möglich, die Reblausschäden zu minimieren. Dabei besteht der oberirdische Teil einer Pfropfrebe aus europäischen Reben, die nicht am Blatt von der Reblaus befallen werden, aber mit ihren verschiedenen Sorten die gewünschte Weinart bestimmen. Aufgepfropft werden sie als „Edelreis“ auf gegenüber der Reblaus unempfindlichen amerikanischen Unterlagen. Heutzutage dürfen nur Pfropfreben mit diesen Unterlagen in Deutschland verwendet werden und die Reblaus kann somit keinen Schaden anrichten.

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Wein heute

In den vergangenen 150 Jahren wurde die Weinbereitung als Kunst und Wissenschaft völlig revolutioniert. Mit dem Zugang zu Kühlprozessen ist es für die Kellereien ein Leichtes geworden, die Temperatur des Gärungsprozesses zu kontrollieren und auch bei heißem Klima qualitativ hochwertige Weine zu produzieren. Dank der Einführung von Erntemaschinen nahmen die Weinberge an Größe und Effizienz zu. Während der Weinsektor vor der Herausforderung steht, den ständig wachsenden Erwartungen des Marktes gerecht werden zu müssen, ohne den individuellen Charakter ihrer Weine aufzugeben, trägt die Technologie mit dazu bei, ein beständiges Angebot von Qualitätsweinen sicherzustellen. Die moderne Anerkennung des Weins ist eine Hommage an die zeitlose Kunst der Weinbereitung und demonstriert die Bedeutung des Weins in der Geschichte und Vielfältigkeit der europäischen Kultur.